Denn um fanatischen Fundamentalismus wirklich zurückzudrängen, müssen die ver-
schiedenen Ursachen gesehen werden. Nur wenn wir alle Ursachen mit einbeziehen
und beseitigen, Fehler korrigieren, wird es zu einer dauerhaften Eindämmung von
Terrorismus kommen. Mit Bombardements wird er bestimmt nicht in den Griff zu
bekommen sein – im Gegenteil – man erzeugt dadurch nur mehr fanatisierte Drauf-
gänger. Ich sehe vor allem folgende Ursachen für die Entwicklung des Fanatismus und Fundamentalismus, wobei diese Ursachen natürlich ineinander verwoben sind
und es auch noch weitere gibt:
a) Wirtschaftlich-soziale Problematik: An erster Stelle sehe ich wirtschaft-
lich-soziale Gründe, auch wenn dies gerne von Vertretern aus der Wirtschaft
angezweifelt wird. Die Schere zwischen Armen und Reichen, aber auch zwi-
schen armen und reichen Ländern wächst. Die Gegensätze werden größer,
das schafft und fördert Hass. Alternativen zur Beseitigung der zunehmenden
Verelendung, welche die Globalisierung mit sich bringt werden - nach dem
Scheitern sozialistischer Modelle - nun stärker in religiösen fundamentalisti-
schen Modellen gesehen, so vor allem im islamischen Fundamentalismus.
Zum Beispiel leben fast 2/3 der Palästinenser unter der Armutsgrenze, Af-
ghanistan gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, in Indonesien klafft die
Schere zwischen arm und reich im letzen Jahrzehnt besonders, ähnlich ist es
in Bangladesch, Indien, Pakistan usw. Kennzeichnend für die Entwicklung ist
auch der Hass in vielen Ländern der 3. Welt gegen die Supermacht USA.
Wenn es um Krieg geht spielen Milliarden Dollars keine Rolle, wenn es um
Hilfen für Millionen hungernde Menschen verarmter Völker geht oder auch um
echte Wirtschaftshilfe geht, ist man froh wenn man ein paar Millionen Dollar
zusammenbringt. Man sieht aber in den USA und ihrer arroganten imperialis-
tischen Politik, der Unterdrückung der Interessen verschiedener Völker mit ih-
ren eigenständigen Kulturen, die Ursachen für Not und Hunger. Schon Ber-
told Brecht sagte: „Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral“. Als Folge fal-
scher amerikanischer Politik kommt es zur Polarisierung, und die Spirale des
Hasses schraubt sich höher. Im übrigen: Arme, hungernde Menschen, mit
niedriger Bildung lassen sich leicht fanatisieren.
b) Aus der Geschichte gewachsene Problematik: Ursachen für religiöse
fundamentalistische Tendenzen sind auch in den nationalen Befreiungsbe-
wegungen zu suchen, denen nicht die Erfolge beschieden wurden, die sie er-
wartet hatten. Reste kolonialen Denkens, aber auch die Arroganz moderner
westlicher Länder, verbunden mit Profitgier und weiteren entsprechenden
Haltungen schürten Hass, der von religiösen Gruppierungen aufgegriffen
wurde und für ihre Zwecke missbraucht wurde. Gerade die Arroganz der USA
im Umgang mit vielen Ländern ist hier beispielgebend und schürt die Wut.
Rationale Auswege, um aus der Misere zu kommen - die Abhängigkeit von den Großmächten abzustreifen und auch eigene kulturelle Identität zu bewah-
ren - werden häufig nicht gesehen, und so kommt es zur Verstärkung des re-
ligiösen Fanatismus.
c) Politische Problematik: Wir haben viele international nicht gelöste Prob-
leme. Ursachen gehen oft weit in die Geschichte zurück, vor allem auf die Ko-
lonialzeit und die damit verbundenen willkürlich gezogenen Staatsgrenzen.
Die Vereinten Nationen oder die westlichen Industrienationen bemühen sich
nicht wahrhaft um Hilfen zur Lösung, man tut es nur halbherzig oder schürt
sogar religiöse und politische Konflikte. Denken wir nur an Ruanda, an Israel
– Palästina usw. Denken wir an Konflikte wie in Afghanistan, wo der Westen
die Taliban u.a. mit Geld und Waffen im Kampf gegen den „Kommunismus“
unterstützt hat, aber sich nicht um die Probleme gekümmert hat, die als Folge
im Land entstanden sind. Die Waffen, welche die fundamentalistischen Tali-
ban viele Jahre gegen das eigene Volk und dann gegen das amerikanische
Militär richteten, wurden zum größten Teil von den USA finanziert.
d) Die institutionellen Religionen, vor allem auch die Kirchen, haben in ih-
rem oft stark ausgerichteten politischen Engagement häufig versagt, sie ha-
ben sich meist mit den Mächtigen verbunden, opportunistisch gehandelt. Die
Vermischung von Staat und Religion, die Anwendung theokratischer Vorstel-
lungen im Recht (Scharia, aber auch Klauseln im jüdischen Recht und ent-
sprechende Rechtsklauseln in christlich dominierten Ländern) haben zur Be-
vorzugung gewisser religiöser Gruppierungen geführt. Mangelnde Trennung
von Staat und Kirche in vielen Ländern sind ein Nährboden für Fundamenta-
lismus. Über Jahrhunderte wurde Hass gegen abweichende und andere Reli-
gionen geschürt, und es kam im Rahmen des Fanatismus zu Mord und Tod-
schlag. Auch in der Gegenwart kommt es von konservativer Seite - in und
außerhalb der Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften – zu Gruppierungen,
die sich grenzenlos fanatisch einer bestimmten Gottesvorstellung, meist unter
einem charismatischen Führer, total unterwerfen und religiösen Hass schü-
ren.
e) Emotionale Ebene: Die Vereinsamung der Menschen spielt m.E. auch
eine große Rolle. In unserer hochtechnisierten, auf Profit ausgerichteten Ge-
sellschaft kommt der emotionale Bereich zu kurz. Fundamentalistische Gruppierungen gehen meist auf Gefühle ein, zeigen starken Gemeinschafts-
sinn und geben eine scheinbare Geborgenheit, die oft in absoluter Abhängig-
keit endet. Dies vor allem in terroristischen Gruppen. Es kommt zu Polarisie-
rungen. Der Gegner wird als Inbegriff des Teufels gebrandmarkt, ja als Tier
oder Untermensch. Gegen Andersgläubige wird gehetzt. Da wir diese Hal-
tung bei unterschiedlichen fanatischen Fundamentalisten haben, kommt es zu
gegenseitiger Hetze, zu Gewalttaten und Kriegen.
f) Globalisierung, Geld und Technik: Die Entwicklung der Technik und der
Glaube, dass man mit Geld alles machen kann, ist ein weiterer Grund für die
Entwicklung des Fundamentalismus. Viele alte Kulturvorstellungen müssen
aufgegeben werden, kulturelle Identität wird zerstört bzw. verändert und der
Gegenwart angepasst. Dies geschieht meist mit rasanter Geschwindigkeit, so
dass die meisten Menschen nicht in der Lage und auch nicht bereit sind, die-
se Entwicklung nachzuvollziehen. Das einseitige, gefühllose wirtschaftliche
Denken löst Ängste aus. Der Fundamentalismus versteht es hier einzuhaken
und Menschen für seine Ideen zu gewinnen.
g) Bildungsproblematik: Gerade in Ländern mit besonders niedrigem So-
zialprodukt, mit hohem Analphabetentum und allgemein niedrigem Bildungs-
stand fällt auf, dass die Menschen am leichtesten für Fundamentalismus und
Fanatismus zu gewinnen sind. Beispielsweise hat Afghanistan über 70 %
Analphabeten und gehört zu den ärmsten Ländern der Welt.
h) Solidarität Gebildeter mit dem Volk: Fanatisierte Hochgebildete, welche
den Verlust des eigenen kulturellen Erbes und die sozialen Ungerechtigkeiten
im eigenen kulturellen Lager sehen, solidarisieren sich mit den Armen. Hier
finden sich Anhänger mit hohen technischen Kenntnissen, die ihre Kraft für
terroristische Handlungen hergeben, dabei auf die Hilfe Gottes hoffend.
i) Problematik des Traditionalismus: Der wissenschaftliche Fortschritt hat
der Bedeutung von Religionen mit ihren kreatianistischen und anderen über-
holten Vorstellungen herbe Verluste eingebracht. Die Entwicklungslehre hat
sich letztlich gegen religiöse Vorstellungen durchgesetzt. Fundamentalisten
können dies nicht verkraften, zeigen sich gehässig und unbelehrbar, ja es
kommt zu Attentaten. Sie möchten dem Fortschritt Einhalt gebieten und
kommen mit pseudowissenschaftlichen Argumenten.
j) Ethik: In unserer Zeit fehlen allgemein verbindliche ethische Werte und
Normen, bzw. werden, wie die „Charta der Menschenrechte“, ignoriert. Über
ethische Fragen gibt es keinen grenzenüberschreitenden Konsens; denken
wir nur an die Gentechnik. Hier steigen fundamentalistische Gruppen gerne
ein und kommen mit überkommenen Wertvorstellungen aus Heiligen Schrif-
ten.
k) Psychologische Probleme: Mit dem Fortschritt der Wissenschaften wer-
den komplizierte Vorgänge der Welt aufgeklärt, aber es treten auch neue
Fragen auf. Viele Zusammenhänge sind nicht mehr durchschaubar, obwohl
wir Menschen eigentlich Sicherheit und klare Antworten suchen. Mit Recht
betont Frau Angela Pichler-Lichtenegger: „Menschen sehnen sich in der
immer wieder komplizierter werdenden Welt und Wirklichkeit nach eindeuti-
gen Antworten, nach Sicherheit und ewiggültigen Wahrheiten“
Fundamentalisten geben einfache Antworten, ohne sich auf Wahrheitsbeweise einzulas-
sen und finden hierfür Anhänger.
l) Problematische Medienpolitik: Viele Politiker, religiöse Führer u.a.
wenden sich in den Medien aus populistischen Gründen oder Wirtschaftsinte-
ressen an die primitiven Instinkte der Menschen, erzeugen Hass durch Pau-
schalierungen und heizen Stimmungen an. So wird der Islam bei uns häufig
gegenüber dem Christentum pauschal als minderwertig hingestellt, ebenso
das Judentum oder andere Gruppierungen (ähnliches geschieht natürlich
auch umgekehrt auf islamischer oder israelitischer Seite). Hass schaukelt
sich hoch, Fanatismus und Fundamentalismus nehmen zu.
Soweit Gründe für die Ursachen des Fundamentalismus und Fanatismus, die ich
besonders wichtig halte, wobei es sicherlich noch weitere gibt.
Im übrigen: Man kann feststellen, gerade weil die Mehrzahl der Menschen auf der
Welt fundamentalistische Vorstellungen ablehnt, werden die sie vertretenden Grup-
pen militanter und aggressiver.
Außerdem, auch wenn das gelegentlich bestritten wird: Religiös fundamentalisti-
sche Anschauungen haben immer einen politischen Charakter, sind politisch orien-
tiert, sind meist auf der rechten extremistischen Seite angesiedelt und schließen sich
öfter direkt oder indirekt politischen Bewegungen an bzw. unterstützen diese.
Fundamentalismus gibt es in vielen Religionen, an erster Stelle wie gesagt bei
den monotheistischen Religionen. Gehen wir aber zunächst kurz auf einige andere
bedeutende Religionen ein.
Tolle Erlaeuterungen fuer die einfache Ursache *Ungerechtigkeit*,anhand einiger knapp erklärter Beispiele, was natürlich *Schadhafte Auswirkungen* hat. Wie würde wohl ursächlich *Gerechtigkeit* wirken??? Denke selbst!!!
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